Tag 101:
In den letzten Tagen habe ich oft hin- und her- gerechnet wie viele Meilen ich täglich laufen muss, um Kanada zu erreichen. Doch heute ist mir bewusst geworden, dass das wirklich nicht das wichtigste ist. Viel mehr möchte ich diesen Sommer genießen. Ich möchte genügend Zeit haben, um einen schönen Ausblick zu genießen, in Seen zu schwimmen und auch mal einen Tag Pause zu machen. Deswegen habe ich jetzt beschlossen einfach zu schauen, wie weit ich in meiner verbleibenden Zeit noch komme. Das Ende bleibt also noch offen 😉 So beginne ich den Tag ganz nach dem Motto “Der Weg ist das Ziel”. Ich war in einem fantastischen See schwimmen, war die ganze Zeit mit Susie und Tine unterwegs und habe so viel gelacht wie schon lange nicht mehr.
Ich bin wirklich glücklich und ich glaube das ist das wichtigste 🙂
Tag 102:
Das Stück zwischen Etna und Castella ist bisher definitiv mein Lieblingsstück auf dem PCT. Überall flattern Schmetterlinge umher und ich bekomme traumhaft schöne Blumen zu Gesicht. Heute folgt dann auch noch eine tolle Aufsicht auf den Mount Shasta, den Mount Lassen und die Castle Crags. Wir finden einen perfekten Pausenplatz und ruhen uns ein wenig aus. Es gibt Kaffee und Kakao und ich mache wieder ein wenig Yoga…
Am Nachmittag folgen wir dann dem Weg hinunter ins Tal. Desto weiter wir hinab steigen, desto heißer wird es auch und die uns entgegenkommenden Wanderer, die dieses Stück hinauflaufen müssen, tun mit echt Leid. Unten im Tal wandern wir im Wald weiter und es ist überraschenderweise angenehm kühl und fast in jeder Kurve ist ein kleiner Bach. So können wir öfter mal die Füße ins Wasser halten und ihnen eine kleine Pause gönnen. Abends zelten wir in der Nähe von einem kleinen Bach, an dem ich von den Mücken mal wieder durchgestochen werde.
Tag 103:
Aufstehen, Zelt einpacken, losgehen… Es ist schon so normal geworden und ich habe mich vollkommen an das Leben auf dem Trail gewöhnt.
Bis zur nächsten Stadt (Mount Shasta) sind es nicht mehr viele Meilen, weshalb wir diese am Morgen recht zügig herunterlaufen. Der Weg ist sehr breit und es geht quer durch den Wald, was das wandern sehr einfach macht. Und heute habe ich dann auch die 1500 Meilen Marke geknackt.
An der Straße angekommen finden wir dann zunächst keine Mitfahrgelegenheit in die Stadt, da die Straße wenig befahren ist. Schließlich hält ein junger Mann an. Doch sein Auto ist vollgestopft mit einem Fahrrad und vielen anderen Dingen. Da passen keine drei Wanderer mit einem Rucksack rein. Der Typ ist jedoch mega cool drauf und überlässt uns einfach sein Auto 😀 Er nimmt stattdessen das Rad. So fährt Tine also das Auto und Susie und ich sitzen hinten drin. Auch mal eine Möglichkeit zu trampen…
Auch in der Stadt hat sich eine Routine eingespielt und ich weiß genau was alles zu tun ist: Einkaufen, Duschen , Waschen, Wetter und mögliche Trailsperrungen checken… Die Einkaufsliste habe ich schon im Kopf und so bin ich recht schnell fertig. Danach gehen wir noch shoppen und ich laufe mir ein neues T-Shirt (mein altes bekommt schon Löcher) und einen neuen Packsack (diesmal von Osprey). Voll bepackt geht’s zum Restaurant Black Bear essen. Ich habe auch schon riesigen Hunger, wie eigentlich immer
Und nach dem Essen gibt es auch noch ein Foto mit dem Bären. Diesmal sogar ganz aus der Nähe…
Tag 104:
Mein letzter Tag zusammen mit Susie und Tine. Denn unsere Wege trennen sich heute schon wieder. Während sie weiter wandern, mache ich mich jetzt auf In Richtung High Sierra (den hohen Bergen, die ich wegen dem vielen Schnee übersprungen hatte). Den kommenden Streckenabschnitt bin ich ja bereits vor ca. einem Monat gelaufen. Meine Wanderung ist fast eine Art Puzzle das sich langsam zusammensetzt
Einerseits bin ich ein wenig traurig jetzt wieder alleine unterwegs zu sein, anderseits tut auch genau das mir richtig gut. Ich wachse an der Herausforderung und die vielen Situationen die ich alleine bewältigen muss lassen mich stärker werden.
So fahre ich in die nächste größere Stadt, von der aus ich einen Bus Richtung Belden nehmen kann. Von dort aus möchte ich dann southbound (von Norden nach Süden) durch die Berge wandern. Da ich dort vermutlich so gut wie kein Netz haben werde, poste ich die Beiträge nur alle paar Tage. Also macht euch bitte keine Sorgen, falls ein paar Tage kein neuer Blogeintrag online kommt.
Tag 105:
Gestern Abend hat mich ein ganz liebes Pärchen bis nach Belden gefahren. Ich bin durch die PCT Trailangel Liste auf die beiden gestoßen und sie haben mich sogar von der Greyhound Station abgeholt. Der Mann (Matt) ist letztes Jahr selbst den PCT gewandert und das sogar vegan. Das finde ich echt spannend und so dreht sich unser Gespräch über den PCT, Ernährung und noch vieles mehr. In Belden angekommen machen wir noch ein Abschiedsfoto, bevor ich mich auf die Suche nach Sante machen.
Der hat nämlich extra auf mich gewartet damit wir uns auch nochmal wieder sehen. Ich freue mich sehr all die Wanderer wiederzusehen, mit denen ich in Südkalifornien gewandert bin. Am nächsten Morgen frühstücken wir gemeinsam und machen und danach auf den Weg zum Trail. Sante läuft Richtung Norden, während ich Richtung Süden laufe. Und zwar sofort steil den Berg hinauf. Nach gefühlt tausenden switchbacks komme ich endlich oben an und der Weg führt relativ flach weiter durch den Wald. Ich bin erneut begeistert von der Blumenpracht, die ich hier zu sehen bekomme.
Tag 106:
Traaaiiiilllllmmmaaagggiiccccc… und zwar was für welche 🙂
Nachdem ich den ganzen Tag rauf und runter durch den Wald gewandert bin habe ich mir die auch wirklich verdient. Es ist manchmal ziemlich zermürbend auf dem PCT zu wandern. Oft laufe ich in Schlangenlinien durch den Wald und der Weg scheint kein Ende zu nehmen. Besonders heute liegen eine Menge Baumstämme im Weg und ich bin nur am klettern.
Nachmittags bin ich dann so fertig, dass ich mich für 20min hinlege und etwas schlafe. Nach dieser Pause fühle ich mich gleich viel besser und so laufe ich weiter und treffe dabei eine Menge Wanderer. Alle sagen mir, dass mich Trailmagic in ca. 4 Meilen erwartet, also beeile ich mich, um nicht zu spät zu kommen. Ich lege einen wahrhaften Endspurt zum Abend hin. Für diesen werde ich mit Veggie Burger, meinem heiß geliebten Kartoffelsalat 😉 , Tomatensalat, Muffins, Wassermelone, Milch, Cola und vielem mehr belohnt. Diese beiden Trailangel sind einfach der Wahnsinn.
Als ich fertig bin, fühle ich mich nicht mehr in der Lage zu wandern und so baue ich gemeinsam mit einer anderen Wanderin das Zelt nicht weit entfernt von der Straße auf. Atlas nimmt dann noch tatsächlich die halbe übrig gebliebene Wassermelone mit 😀 Ich kriege mich nicht mehr ein vor lachen als ich seinen Rucksack sehe. Das war ein super Tagesabschluss.
Tag 107:
Ich dachte ja nach über 1700 gelaufenen Meilen (ca 2700km) bin ich richtig gut in Form und laufe die Meilen locker flockig runter. Denkste! Es ist viel mehr wie eine Achterbahnfahrt. An manchen Tagen bin ich super fit, wohingegen ich an anderen Tagen das Gefühl habe 10 Meilen sind schon zu viel. Besonders heute morgen plagt mich dieses Gefühl. Ich habe nicht so gut geschlafen und den ganzen Vormittag muss ich mich durch Dornenbüsche schlagen. Teilweise kann ich den Trail nur erahnen und meine Beine sind total zerkratzt.
Gegen Nachmittag wird dann sowohl meine Stimmung, als auch der Weg besser. In der Pause erfahre ich nämlich, dass ich zum Studium zugelassen wurde und ich freue mich riesig. Die letzten Meilen laufe ich recht schnell runter. Am Campingplatz stoße ich auf zwei Schweitzer die gerade aus der Sierra kommen. Sie erzählen mir von der jetzigen Schneesituation und geben mir viele Tipps. So muss ich auch nicht alleine campen, was mir ganz recht ist.
Tag 108:
Auf dem PCT gehöre ich wohl zu den Langschläfern. Die meisten Wanderer stehen bereits um 5 Uhr auf, während ich meistens erst gegen 5.40-6Uhr aufwache.
Den Vormittag über wandere ich über Geröllfelder den Berg hinunter. Das mögen meine Füße gar nicht. Als ich fast unten angekommen bin spüre ich auf einmal einen stechenden Schmerz im Knie und muss mich setzen. Was war das denn? Ich wandere ganz langsam weiter und spüre ab und zu noch einen leichten Schmerz im Knie. Statt einfach einer Ibuprofen einzuwerfen, wie die Amerikaner es mir raten, versuche ich auf meinen Körper zu hören. Also wandere ich langsamer, mache viele Pause, dehne und massiere.
Gegen Mittag komme ich dann sowieso in das kleine Dorf Sierra City und gönne meinem Körper eine Pause. Ich treffe einige andere Wanderer, wir quatschen und tauschen uns aus. Als ich mich einige Stunden später wieder auf den Weg zurück zum Trail machen will habe ich den coolsten Hitchike überhaupt. Ich werde auf einem Motorrad mitgenommen und die Fahrt zum Trail macht Riesen Spaß. Das ist meine erste Fahrt auf einem Motorrad und somit ist noch ein Punkt von meiner Bucket Liste abgehakt 😉 . Beim wandern schmerzt mein rechtes Knie dann noch gelegentlich und ich beschließe mir in der nächsten Stadt ein Knieschoner zu besorgen und ggf. eine Pause einzulegen, falls es nicht besser wird.
Daher laufe ich auch nicht mehr so viele Meilen, sondern geselle mich zu zwei anderen Wanderern, die auf einer schönen Waldlichtung zelten. Die beiden waren auch in den High Sierras und es ist immer wieder spannend, wie unterschiedlich die Wanderer die Schneelage beurteilen. Während die einen sagen es ist gar nicht so schlimm, meinen die anderen es ist super anstrengend und hart. Ich bin ja mal gespannt, was mich da erwartet… Zum Schluss noch ein paar Bilder vom heutigen Tag:
Tag 109:
Auch heute erwartet mich ein wundervoller Tag auf dem Trail. Eine Menge Blumen, Schmetterlinge und tolle Landschaften hält der PCT heute für mich bereit.
Abends steht dann noch ein Highlight an. Denn ich erreiche die Peter Grubb Hütte, in der ich heute Nacht schlafen möchte. Die Hütte ist ziemlich rustikal und ein anderer Wanderer namens T-Bone ist schon da. Innerhalb der nächsten Stunden treffen noch viele andere Wanderer ein und am Ende sind wir ca. 15 Männer und 2 Frauen und ein Hund.
Hm mit 15 männlichen Wanderern und einem kleinen Hund in einer kleinen Hütte schlafen. Da ist garantiert einer dabei der schnarcht 😀 . Deswegen entscheide ich mich zusammen mit dem anderen Mädchen vor der Hütte in unseren Zelten zu schlafen. Die Stunden vor dem Schlafen gehen verbringe ich noch mit den anderen Wanderern in der Hütte und es ist spannend die Geschichten der anderen Wanderer zu hören.
Tag 110:
In der Nacht hat es angefangen leicht zu regnen und als ich morgens aufwache sind meine Sachen feucht. Ich packe mein Zeug schnell zusammen und flüchte mich zum Frühstück in die Hütte. Das ist echt toll gemeinsam mit so vielen anderen Wanderern
Während alle weiter Richtung Norden wandern, bin ich die einzige die Richtung Süden aufbricht.
Der Morgen ist dann ziemlich langweilig. Es geht die meiste Zeig bergab und ich komme gegen Mittag in die Stadt (Truckee). Nach dem Mittagessen holt mich Karen (ein Trailangel) ab. Ich darf diese Nacht bei ihr schlafen und bekomme sogar ein eigenes Zimmer. Zusammen mit ihrem Sohn Lucas fahren wir an den See und ich probiere das erste Mal stand up paddling aus. Es macht super viel Spaß und Lucas und ich paddeln um die Wette 🙂 .
Als wir zurück zum Haus kommen, ist auch Karen’s zweiter Sohn Jason da und wir essen alle gemeinsam zu Abend. Es gibt leckere Nudeln mit frischem Pesto und ich als Wanderin bekomme die größte Portion, obwohl ich sogar noch vom Mittagessen satt bin… Nach dem Abendessen wollen die beiden Jungs mir noch etwas zeigen. Und zwar ein riesiges Trampolin im Garten. Wir springen und hüpfen darauf herum und haben eine Menge Spaß 😀 .Diese Fanilie ist echt cool und ich bin froh den Tag mit ihnen verbringen zu dürfen.
Genau richtig Caro!!!! Mach weiter so!!!
Dankeschön, Mache ich 😉
Hallo Caroline, sehr kluge Entscheidung: Der Weg ist das Ziel. Genieße die Zeit in vollen Zügen (Kilometerfressen ist nicht alles). Weiterhin viel Spaß und viel Glück. B
Hallo Brigitte,
Ja das habe ich mir auch gedacht 🙂 Dankeschön für die lieben Wünsche.
LG Caroline