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High Sierra Tag 121 bis 130

Tag 121:

Ich wandere heute durch blühende Wiesen, vorbei an einem Wasserfall bis in die Stadt Tuolomee Meadow. Schon seit einigen Tagen wandere ich nun durch den Yosemite Nationalpark und von hier aus möchte ich in das Herz des Parks fahren. Es geht also nach Yosemite Valley. Ich trampe zusammen mit einer anderen Wanderin namens Diane. Wir haben Glück und ein Mitarbeiter des Nationalparks nimmt uns mit. Er zeigt und gleichzeitig auch schon eine Menge des Parks und wir halten an vielen Aussichtspunkten an.

In Yosemite Valley angekommen gehen wir erstmal Burger essen. Danach sitzen wir stundenlang vor den Restaurant und ich versuche alle Nachrichten zu beantworten. Nach 5 Tagen ohne Netz kommt schon so einiges zusammen…
Abends stoßen dann noch andere Wanderer dazu und wir sitzen noch lange auf der Terrasse des Restaurants lachen, quatschen und tauschen Geschichten aus.
Im Bus auf dem Weg ins Backpacker Camp fangen dann auf einmal ein paar Fahrgäste an zu singen und alle stimmen mit ein. Sowas habe ich echt noch nie erlebt und all diese unbeschreiblich tollen und schönen Erfahrungen werde ich nie vergessen.

Tag 122:

Diane geht es leider gar nicht gut, weshalb sie nicht mit auf unsere Tageswanderung kommt. Deswegen starten Florence und ich alleine unsere Wanderung zum Glacier Point. Ich fasse es nicht, dass ich jetzt schon an meinem „Pausen“ Tag wandern gehe
Unsere Rucksäcke dürfen wir netterweise bei zwei Rangern lassen und so können wir den 8 Kilometerlangen Aufstieg nur mit leichtem Gepäck angehen. Ich habe mir aus einem Packsack eine Art Turnbeutel gebastelt und habe Wasser, etwas zu essen und meine Wertsachen dabei. Es ist so viel einfacher ohne Rucksack zu wandern und wir überwinden die 1000 Höhenmeter in zwei Stunden. Oben wird einfach nur genossen….

Anschließend laufen wir runter ins Tal und nachdem wir eine Runde im See geschwommen sind holen wir unsere Rucksäcke ab. Während ich mich dazu entscheide für die Rückfahrt den Bus zu nehmen versucht Flo zurück zu trampen. Im Bus sitze ich neben einer anderen Wanderin, die den John Muir Trail (JMT) wandert. Der JMT ist ein ca. 340 Kilometer langer Wanderweg durch die High Sierra und er führt einen Großteil der Zeit auf demselben Weg wie der PCT. Das lässt mich auf viele Wanderer in den nächsten Tagen hoffen.
Die andere Wanderin heißt Kite (sie hat einen Drachen dabei… :D) zeltet zusammen mit mir auf einer schönen Wiese. Auch Flo kommt später dazu und wir lassen den Abend gemeinsam ausklingen. Als ich im Zelt liege denke ich über meine Reise nach. Das ist schließlich nicht nur mein erster großer Wandertrip, sondern auch meine erste Reise alleine. Und das erstaunliche am Alleine reisen ist doch immer wieder, dass ich eigentlich so gut wie nie alleine bin. Ich lerne ständig neue Leute kennen und gehe viel offener auf Menschen zu. Das ist eine sehr gute und schöne Erfahrung 🙂

Tag 123:

Heute wird das erste mal mein Permit kontrolliert. Der junge Ranger kommt vorbei als ich gerade Pause mache. Nachdem er mein Permit gesehen hat möchte er noch wissen von wo ich komme, wie weit ich noch laufe und ob ich einen Bärenkanister dabei habe. Am Ende warnt er mich noch vor einem Bär, der in der Nähe gesichtet wurde. Na toll noch einer.

Nach diesem kleinen Verhör wandere ich weiter den Pass hinauf. Ich bin bereits über der Baumgrenze als es plötzlich anfängt zu Gewittern. Und das obwohl es erst 11 Uhr ist… Bis zum höchsten Punkt sind es noch ganze 2 Meilen. Ich entscheide mich wieder zurück ins Tal abzusteigen und das Gewitter abzuwarten. Ich möchte nicht ungeschützt am Berg sein, während die Blitze einschlagen. Es geht also wieder zurück. Ich warte eine Stunde lang im Tal, bis sich das Gewitter beruhigt. Dann beeile ich mich und laufe so schnell es mir möglich ist über den Pass. Als ich oben bin fängt es wieder an zu donnern. Zum Glück ist das nur von kurzer Dauer und am Nachmittag klart sich der Himmel wieder auf. Ich komme am Thousand Island See vorbei und bin beeindruckt wie schön dieser ist.

Tag 124:

In der Nacht hat es geregnet, wie in fast jeder der letzten Nächte. Ich packe mein nasses Zelt ein und laufe los. Der Weg gleicht einer Matschgrube und ich versinke bis zu den Knöcheln in Schlamm. Als ich endlich das kleine Resort erreiche esse ich als erstes ein Sandwich und trinke einen Erdbeermilchshake. Danach fühle ich mich schon viel besser und ich Geselle mich zu zwei Wanderern, die auf einer Bank sitzen. Die Dusche kostet 1$ pro Minute. Da überlegt man sich wirklich wie lange man duscht bei mir werden es fünf Minuten und die sind echt schneller vorbei als man denkt… Doch zumindest bin ich jetzt wieder sauber und nach dem Wäsche waschen bin ich so gut wie fertig.

Nur noch einkaufen. Das erübrigt sich jedoch schnell, da viele der JMT Wanderer zu viel essen dabei haben und mir welches abgeben. So staube ich eine Menge kostenloses Essen ab und kaufe nur noch Kleinigkeiten in dem überteuerten Laden. Abends stoßen auch noch Baby Jesus und Kite (die Wanderin aus dem Bus) dazu und ich freue mich die beiden wieder zu sehen. Ich möchte fast gar nicht gehen, doch irgendwann wird es Zeit und ich wandere noch ein Stück in den Abend hinein. img_1009

Tag 125:

Die High Sierra ist sowohl richtig hart als auch atemberaubend schön. Morgens ist es immer eiskalt und es kostet mich sehr viel Überwindung aus dem Schlafsack zu krabbeln und aufzubrechen. Es wird dann jedoch sehr schnell warm und gegen Mittag ist es schön wieder sehr heiß. Nachmittags fängt es dann meistens an zu Gewittern und es kühlt wieder ab. Diese Temperaturschwankungen machen mir echt zu schaffen…
Und nicht nur die, sondern auch das dauernde auf und ab ist sehr anstrengend für mich. Ich komme nur langsam voran und brauche viele Pausen.

Dafür ist das Gefühl, wenn ich einen Pass erklommen habe oder einen wunderschönen Bergsee erreiche umso schöner. Oben am Berg zu stehen und über das Tal zu schauen ist ein tolles Gefühl. Zu wissen es aus eigener Kraft so weit geschafft zu haben und diese mächtigen Berge und Landschaften zu betrachten ist den Schmerz und die Anstrengung alle mal wert.

Tag 126:

Heute morgen ist es noch kälter als sonst. Ich mache es jetzt schon so, dass ich abends mein langes Wandershirt anziehe, damit ich mich morgens nicht mehr umziehen muss. Die Hose wechsele ich im Schlafsack, in dem ich auch solange wie nur möglich bleibe.
Danach werden die kalten, nassen Schuhe angezogen und ich wandere los. Auch heute treffe ich nach kurzer Zeit wieder auf Baby Jesus und diesmal wandern wir zusammen weiter. Wir entscheiden uns am Nachmittag noch den nächsten Pass zu besteigen und bekommen oben einen fantastischen Ausblick zu Gesicht. img_1074

Wir wandern noch ein Stück ins Tal, bevor wir unsere Zelte aufbauen und gemeinsam zu Abend essen.

Tag 127:

Wie auch sonst starte ich vor Baby Jesus. Dieses Mal bin ich besonders früh dran, da ich noch vormittags die John Muir Trail Ranch erreichen möchte. Denn da erwarten mich viele voll gefüllte Hiker Boxen. Hiker Boxen sind Boxen, in denen die Wanderer Ausrüstung und Essen hinterlassen, welches sie selbst nicht brauchen. Andere Wanderer können die Sachen, die sie selbst brauchen, dann mitnehmen. So finde ich nicht nur eine neue Faltflasche zum Wasser filtern (meine alte ist leider kaputt gegangen), sondern auch eine Menge Essen für die Etappe der nächsten drei Tage.

Ein anderer Wanderer namens Scott hat sich selbst viel zu viel essen zugeschickt und gibt mir einfach mal die Hälfte ab Wir gehen dann auch zusammen zurück zum Trail und wandern gemeinsam weiter. Das ist mir in der Etappe auch ganz recht, denn es sind viele Flüsse zu überqueren. Scott sucht die beste Stelle und überquert den Fluss als erstes. Danach wartet er auf der anderen Seite auf mich und passt auf, dass auch ich gut ins trockene komme. Das ist manchmal gar nicht so leicht. Einmal werde ich durch die starke Strömung ins tiefere Gewässer abgetrieben und stehe bauchnabeltief im Wasser.
Da ist es echt gut nicht alleine unterwegs zu sein. Abends Zelten wir dann auch zusammen, kurz vor dem nächsten Pass (John Muir pass). Zum Abschluss noch ein paar Bilder des heutigen Tages:

Tag 128:

Ich wache sehr früh auf und da ich nicht mehr schlafen kann packe ich meine Sachen und wandere bereits um 6 Uhr los. Scott ist auch schon wach und wir beschließen uns auf dem Pass zu treffen. Auf dem Weg nach oben treffe ich nur sehr wenige Wanderer und es herrscht absolute Stille. In einer Pause sitze ich einfach nur da und betrachte einen See und die Berge. Oben angekommen gibt es dann erstmal eine heiße Schokolade 🙂

Auf dem Pass steht eine kleine Schutzhütte und es ist mal wieder ein tolles Gefühl einen weiteren Pass geschafft zu haben. Auch Scott trifft wenig später ein und wir machen zusammen Pause. Danach geht es den Berg wieder runter und der Abstieg ist deutlich schwieriger als der Aufstieg. Es liegt noch sehr viel Schnee und dieser ist schon ziemlich matschig, was das ganze noch ein wenig schwieriger macht. Also gehen wir ganz langsam und passen sehr gut auf.

Wir kommen wohlbehalten unten an und in der Mittagspause baue ich mir dann meinen ganz persönlichen 2000 Meilenmarker. Jaaaa ich bin jetzt tatsächlich schon 2000 Meilen (ca. 3200km) gewandert. Ich weiß noch genau wie sehr ich mich über die ersten 100 Meilen gefreut habe und jetzt sind es bereits 2000. Unfassbar wie schnell die Zeit vergeht…

Tag 129:

Heute stehen zwei Pässe auf dem Plan. Beide liegen nah beieinander und deshalb beschließe ich beide an einem Tag zu überqueren. Vormittags besteige ich zunächst den anspruchsvolleren Mother Pass. Der Schnee ist gefroren und ich nutze meine Microspikes und die Eisaxt (wobei die nicht unbedingt notwendig gewesen wäre aber ich fühle mich einfach sicherer damit), um an die Spitze zu gelangen.

In der Mittagspause holt mich dann auch Scott ein. Das ist mir ganz recht so, denn wenig später müssen wir einen der wildesten Flüsse überqueren. Wir suchen uns oberhalb des Trails eine gute Stelle aus und machen uns nacheinander auf den Weg zur anderen Seite.
Scott möchte den zweiten Pass erst morgen früh angehen und baut sein Zelt an einem wunderschönen See auf. Da es erst früher Nachmittag ist wandere ich noch weiter und schaffe auch tatsächlich noch den zweiten Pass. Danach bin ich ziemlich fertig und fühle mich ausgelaugt.

Oben auf dem Pass begegne ich einem anderen Wanderer namens Banana man. Wir kommen ins Gespräch und er erzählt mir das er täglich so um die 36 Meilen läuft. Waaaaass??? Ich bin in den Bergen nach 22 Meilen einfach schon total am Ende 😀
Ich verliere ihn beim Abstieg auch schnell aus den Augen und Zelte mit zwei anderen Wanderern.

Tag 130:

Die beiden Jungs mit denen ich gezeltet habe starten bereits um 5:30 Uhr und so wache auch ich auf und wandere bereits um 6:00 Uhr los. Wenig später taucht dann auch Baby Jesus wieder auf. Ich hätte nicht gedacht, dass ich den noch einhole. Wir beschließen uns auf dem Pass wieder zutreffen und ich wandere weiter. Es geht über Geröllfelder und meine Füße beginnen extrem zu schmerzen. Hier vermisse ich doch ein wenig meine Wanderschuhe, denn das macht mit den Turnschuhen leider nicht so viel Spaß.
Da an manchen stellen noch Schnee liegt klettere ich über das Geröllfeld querfeldein den Pass hinauf. Oben angekommen mache ich erstmal eine Pause. img_1111

Es sind noch drei andere Wanderer da und mit zwei von ihnen komme ich ins Gespräch. Es ist ein Vater, der für ein paar Tage zusammen mit seinem Sohn wandern ist. Die beiden sind echt nett und schenken mir sogar Essen. Das passt mir sehr gut, da meine Bärenbox nur noch eine Packung Kartoffelpüree und Haferflocken enthält. Und wenn ich nur daran denke wird mir schon schlecht 😀

Während wir noch Mittagspause auf dem Pass machen kommen auf einmal drei Pferde um die Ecke. Auf diesem schmalen Pass auf einem Pferderücken zu sitzen wäre mir ja nicht ganz so geheuer… Den Nachmittag über wandere ich dann zusammen mit dem Sohn namens Whiskey Cough :D. Er ist ein Professor und hat in Deutschland zum Thema Klimawandel geforscht. Was er alles zu erzählen hat ist echt spannend und so lerne ich heute eine ganze Menge über den Klimawandel.

Irgendwann muss er dann auf seinen Vater wandern und ich laufe alleine weiter. An einem kleinen Fluss koche ich mir die geschenkten Tortellini mit Tomatensoße. Es schmeckt sehr gut und ist eine nette Abwechslung zu meinem sonstigen Essen. Baby Jesus stößt dazu und da er auch so gut wie kein Essen mehr hat teile ich die Nudeln mit ihm. So sind wir beide satt und gekräftigt bevor es weiter geht. Um von den Bergen in die Zivilisation zu gelangen müssen wir den PCT verlassen und über einen weiteren Pass (Kersage Pass) wandern. Dieser Umweg von 7,5 Meilen endet in einem Campingplatz von dem man in die Stadt trampen kann.

Leider fahren hier nicht viele Autos. Besonders da wir erst abends ankommen ist auf der Straße so gut wie kein Verkehr. Doch ich habe Glück. Ich sehe die beiden Reiter von der Mittagspause und frage ob sie mich mitnehmen können. So fahre ich zusammen mit Ihnen in die Stadt. Dort schlafe ich, in einem Hostelzimmer zusammen mit 8 weiteren Wanderern. Banana man, sowie ein mir bekanntes Pärchen ist auch schon da. Wir gehen zu viert etwas essen und vergessen dabei glatt die Zeit. So liege ich erst um Mitternacht hundemüde im Bett und schlafe sofort ein.

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