Nordkalifornien begrüßt mich mit einer Menge Regen. Trotzdem fühle ich mich gleich wohl in den grünen Wäldern. Während die beiden Schweitzer Michael und Martin noch das Auto zurückbringen wandere ich schon wieder los. Wir verabschieden uns voneinander und schießen zusammen mit vier anderen Wanderern ein Erinnerungsfoto. Ich bin den beiden sehr dankbar, dass sie mich mit nach Nordkalifornien genommen und sich so lieb um mich gekümmert haben. Dann geht es auch schon ab in den Wald.
Es ist fast kein anderer Wanderer unterwegs. Die sitzen vermutlich alle noch in Kennedy Meadows fest oder haben eine andere Option gefunden, um ihre Wanderung fortzusetzen. Erst gegen Mittag treffe ich einen anderen Wanderer, der am Wegesrand sitzt. Er möchte den Fluss nicht alleine überqueren und wartet auf jemanden der mitkommt. Das kann ich gut verstehen, denn der Fluss ist nicht ganz ungefährlich. Wir suchen uns eine bessere Stelle und überqueren den Fluss. Das Wasser reicht mir dabei bis zu den Oberschenkeln und ich bin froh als ich auf der andern Seite stehe.
Meine Füße sind klitschnass und eiskalt, weshalb ich schnell weiterwandere. Der andere Wanderer bleibt am Fluss zurück und baut dort sein Zelt auf. Als ich einige Zeit später um eine Ecke biege sind da auf einmal drei Bären und starren mich an. Zwei sind weit entfernt und laufen direkt weg, sobald ich meine Pfeife benutze. Der andere ist jedoch nur ca. 15 Meter entfernt und will einfach nicht verschwinden. Ich brülle, schwenke mit den Stöcken und pfeife so laut es geht. Doch er bleibt ungerührt stehen und starrt mich an. Mir ist zum heulen zumute. Schließlich bin ich so verzweifelt, dass ich anfange Karnevalslieder zu singen, um den Bären zu vertreiben. Und sie an: Es hilft und der Bär sucht endlich das Weite. Doch ich habe riesige Angst, dass er zurück kommt und renne fast weiter. Das Rennen ist jedoch bald auch nicht mehr möglich, da ich in den Schnee komme. Der Trail ist nicht mehr zu sehen und ich navigiere die ganze Zeit mit meinem Handy. So erreiche ich die Spitze des Berges und baue mein Zelt auf der Schneedecke auf.
Mein Essen und die Zahnpasta hänge ich sicherheitshalber in einen Baum, der weit genug entfernt ist. Als ich im Zelt liege spüre ich wie fertig ich bin. Ich denke ich werde morgen auf andere Wanderer warten oder versuchen so schnell wie möglich die nächste Stadt zu erreichen. Denn das war heute eine Nummer zu viel für mich.
Tag 57:
Die Nacht war der Horror, denn es war die ganze Zeit eiskalt. Ich hatte alles an, was ich dabeihabe und habe trotzdem gefroren. Zudem hatte ich Angst, dass der Bär zurückkommt und konnte so gut wie gar nicht schlafen. Also packe ich früh meine Sachen zusammen und beginne den Abstieg. Der stellt sich als sehr kompliziert heraus. Denn es geht steil bergab und obwohl ich Microspikes trage rutsche ich dauernd aus. Das macht echt keinen Spaß. Zumindest wird der Schnee mit dem Schritt bergab weniger.
Der Trail ist dennoch nur schwer zu finden und ich laufe im Zick Zack durch den Wald. Irgendwann habe ich einfach keine Lust mehr und setze mich an den Wegesrand, in der Hoffnung das andere Wanderer vorbeikommen. Ich habe Glück und nach einer Stunde kommt tatsächlich jemand vorbei. Wir laufen gemeinsam weiter und ich bin froh nicht mehr alleine unterwegs zu sein. Zu zweit macht die Schneewanderung direkt viel mehr Spaß und auf einer Lichtung werden wieder Schneeengel gemacht.
Den Weg zu finden wird immer mehr zur Herausforderung. Es ist fast wie an Ostern. Nur das wir keine Ostereier, sondern kleine silberne Tafeln an den Bäumen suchen. Ich habe mich heute gefühlt 15 Mal verlaufen und den Trail verloren. Ich freue mich einfach nur noch darauf in die Stadt zu kommen und hoffe ich erreiche diese morgen.
Tag 58:
Ein weiterer Tag im Schnee…
Es ist ziemlich zermürbend die ganze Zeit im Schnee zu wandern. Ich komme kaum vorwärts und muss die ganze Zeit den Weg suchen. Besonders der Abstieg macht mir zu schaffen. Es geht sehr steil den Berg hinunter. Auf einmal mache ich einen falschen Schritt und Rutsche schon meterweit den Berg hinab. Ich kann mich gerade noch an einem Baum festhalten, bevor ich noch weiter hinunterrutsche. Ich bin echt am Ende und beschließe, dass es so nicht weitergehen kann. Ich checke meine Karte und sehe, dass nicht weit entfernt von mir eine Straße den Berg runter in die Stadt führt. Diese ist zwar deutlich länger als der PCT, ist aber niedriger gelegen und ich hoffe dort nicht so viel Schnee vorzufinden. Ich kämpfe mich also die letzten Meilen durch den Schnee bis ich auf die Straße treffe. Es ist viel mehr ein Schotterweg, doch zumindest gut erkennbar und ich versuche mein Glück. Tatsächlich geht es recht schnell hinunter und der Schnee wird weniger. Ohne diesen komme ich auch wieder viel schneller vorwärts und so erreiche ich die Stadt (Chester) schon am Nachmittag. Das war eine wirklich gute Alternativroute und besonders auch eine sehr schöne.
So gefällt mir das Wandern gleich viel besser. In der Stadt angekommen geht’s als erstes zu Subway. Danach treffe ich Mike, Jacquline und Stefanie vor der Kirche. Auf der Wiese hinter der Kirche dürfen wir diese Nacht nämlich schlafen. Da mal wieder alles gewaschen werden muss, laufe ich heute mal wieder mit meinen Regenklamotten durch die Stadt. Und alle schauen mich komisch an 😀 . Doch viele wissen Bescheid und fragen direkt „PCT Hiker?“. Es ist toll wie positiv die meisten Menschen auf uns Wanderer reagieren. Zum Abendessen gibt es dann noch Burger und zwar meinen bisher besten vegetarischen Burger auf dem Trail. Gut gesättigt ziehe ich mich in mein Zelt zurück, nachdem ich mit den anderen die Startzeit für morgen abgesprochen habe. Die nächsten Tage bleibe ich in der Gruppe, da ich einfach genug davon habe allein zu wandern. Bei dem ganzen Schnee und den vielen Bären fühle ich mich mit mehreren doch sicherer.
Tag 59:
Heute bin ich zur Abwechslung einmal nicht alleine unterwegs, sondern habe mich drei anderen Wanderern angeschlossen. Das ist für die Strecke durch den Schnee wohl das Beste. Der Abschnitt ist sehr schön und wir laufen durch den Lassen Nationalpark. Kurz nachdem wir die Stadt verlassen erwartet uns schon die erste Trailmagic und es gibt frisches Obst und Chips zum Frühstück. Danach wird dann gewandert und die Landschaft gefällt mir richtig gut. Es ist sehr grün und überall sind Seen und Flüsse zu sehen, die zu einer Pause einladen.
Ich nutze die Gelegenheit und gehe wieder einmal schwimmen bevor wir den Berg hochsteigen. Und wie ist es anders zu erwarten?! Oben liegt natürlich wieder Schnee…. Dieses Mal zum Glück nicht annähernd so viel, wie auf der letzten Etappe. Trotzdem mehr als genug für mich 😀 . Durch den Schnee brauchen wir sehr lange und erreichen das Camp erst am späten Abend.
Tag 60:
Stefanie und ich wachen heute vor den beiden anderen auf. Da es richtig kalt ist bauen wir schnell die Zelte ab und laufen los. Es geht den Berg hoch, meine Stärke 😉 Als ich mich umdrehe ist Stefanie schon außer Sichtweite. Na ja wir treffen uns sicher spätestens in der Pause wieder. Das dachte ich zumindest… Denn oben auf dem Berg liegt wieder einmal eine Menge Schnee. Das lädt nicht wirklich zu einer längeren Pause ein und so wandere ich schnell weiter. Vorbei an zugeschneiten Landschaften und Seen.
Ich komme mir vor wie im Winterwunderland. Das Wandern im Schnee ist sehr anstrengend und ich brauche wesentlich länger. Daher freue ich mich, als ich am Nachmittag auf einen schneefreien Weg treffe. So geht es flott voran und ich erreiche am Abend einen schönen Zeltplatz. Die anderen kommen leider nicht mehr an und ich hoffe sie in den nächsten Tagen wiederzusehen. Zumindest sollen die folgenden Etappen weitestgehend schneefrei sein. Das sind doch gute Nachrichten.
Hey Caro,
Wow! Deine erste direkte Bärenbegegnung? :O
Das ist echt ein schlimmes Gefühl, wenn so ein großes Tier vor einem steht… :X
Hatte ich auch schon… nur nicht ganz so direkt… :O
Zum Glück ging es gut!
Ich finde super wie viel Stärke und Durchhaltevermögen du zeigst!
Ich wünsche dir weiterhin noch viel viel mehr davon und hoffe die Bären gehen dir aus dem Weg! 🙂
Liebe Grüße
Andi
Hallo Andi,
Ja meine erste 😀 zumindest in der freien Natur. Oh ja das kannst du laut sagen. Und als er dann auch nicht weggerannt ist war ich fix und fertig… Oh die Geschichte würde ich gerne erfahren 😉
Danke für deine lieben Worte. Die kann ich besonders gerade gut gebrauchen 🙂
Das hoffe ich auch, ich brauche keine zweite Begegnung.
Ganz liebe Grüße
Caroline