Tag 1
“Was machen wir diesen Sommer?” hat Matthias mich vor vier Monaten gefragt. “Wandern und zwar mit Zelt” war meine Antwort darauf. Doch wo? Ich wollte etwas einsames, ohne viele Menschen und mit einer großen Portion Wildnis.
Die Sendung Bergauf-Bergab war schließlich der Schlüssel und ich bin auf ihn gestoßen: Den Peaks of the Balkans.
Schnell wurden die Flugtickets gebucht und schon wenige Monate später stehen wir vollgepackt am Frankfurter Flughafen. Wieso wir uns für den Flug entschieden haben? Das weiß ich gar nicht mehr, denn auch Bahnen fahren zu unserem Zielort Podgorica und ich finde Bahn fahren ehrlich gesagt im wunderbar entschleunigend.
Podgorica
Die Hauptstadt von Montenegro. Viel positives kann ich darüber leider nicht berichten. Die Stadt liegt in einem Kessel umgeben von Hügeln und Bergen. 150.00 Einwohner gehen hier jeden Tag ihren Beschäftigungen nach. Die Stadt ist dreckig und laut, weshalb ich kaum erwarten kann diese hinter uns zu lassen.
Aber halt! Davor müssen noch Gaskartuschen gekauft werden. Im Supermarkt Die in der Mall of Montenegro werden wir fündig und kaufen zwei Stechkartuschen für 0,68Euro pro Stück. Schraubkartuschen gibt es dagegen leider nirgends.
Halb so schlimm, dafür haben wir uns ja extra den neuen Kocher besorgt. Und nun ab raus hier. Zwei Bustickets kaufen und rein in den ersten Bus.
Doch das war leider der Falsche 😀 So fahren wir bereits 50min zu früh ab und müssen mitten im Nirgendwo nochmal umsteigen. Halb so schlimm aber als Tipp: Verlasse dich nicht auf die Mitarbeiter*innen am Bahnhof.
Durch gewaltige Schluchten kurvt der Bus den Berg hinauf. Aus dem Radio schallt montenegrinischen Schlager und nach ca. drei Stunden erreichen wir Plav.
Plav
… ist zwar kleiner aber ansonsten leider ziemlich ähnlich zu Podgorica. Die Innenstadt ist ziemlich heruntergekommen. An den meisten Häusern bröckelt Putz und Farbe ab und einige sind noch die reinste Baustelle. Viele Obdachlose und bettelnde Kinder begegnen uns auf dem Weg durch die Stadt.
Doch der große See am Fuß von Plav macht das alles wieder wett. Er schimmert strahlend blau in der Sonne und lädt zu einem erfrischenden Bad ein. Der Peaks of the Balkans führt am See entlang, den Berg hinauf. Asphaltstraße, Forststraße und kleiner Wanderweg führen uns in die Wälder von Montenegro.
Überall sprießen leckere Pfifferlinge aus dem Boden. Aber Vorsicht: Nur pflücken wenn Du dich wirklich auskennt. Auch Wasser plätschert in kleinen Bächen durch den Wald. Ca. drei Stunden nach Plav füllen wir unsere Flaschen auf.
Wenig später reißen die Bäume auf und geben ein wunderschönes Hochplateau frei. “Unser Zeltplatz” beschließen wir kurzerhand.
Zwei andere Wanderer haben dort auch schon ihr Zelt aufgebaut und so gesellen wir uns zum Abendessen zu den beiden. In Gesellschaft und mit spannenden Reisegeschichten ist es doch gleich noch schöner.
Die Nudeln verfeinert mit Pfifferlingen und einer Frischkäse-Soße schmecken köstlich. Das Lagerfeuer prasselt und die Sonne senkt sich langsam dem Horizont entgegen. Höchste Zeit in den Schlafsack zu kriechen.
Tag 2
Wo ist der Trail jetzt nochmal? 😀 Diese Frage stellen wir uns bereits nach dem aufstehen, denn den Peaks of the Balkans zu finden ist trotz GPS oft gar nicht so leicht. Es gibt hier so viele kleine andere Wege und so kommt es schnell mal vor, dass wir uns verlaufen.
Komoot mit seiner Sprachnavigation hätte mir damals wahnsinnig geholfen. Zum Glück finden wir nach ein wenig querfeldein Laufen und Klettern wieder zurück zum Trail und uns erwartet ein wunderschöner Ausblick auf das Gebirge.
Doch schneller als gedacht ist diese auch schon wieder vorbei, denn wir werden förmlich von Mücken attackiert. Daher packen wir die Rucksäcke schnell zusammen und beginnen den Abstieg Richtung Vusanje. Vorbei an Pferden, Kühen und einem kleinen Hirtencamp schlängelt der Trail den Berg hinunter ins Tal.
“Es ist schon wieder passiert” stelle ich fest, als wir uns mitten im Wald wieder finden. Weit und breit ist kein Trail in Sicht.
Daher an dieser Stelle der wichtigste Tipp: Nimm auf jeden Fall GPS Daten für eine Wanderung auf dem Peaks of the Balkans mit. Das könnte Dir zumindest ab un an, das kraxeln durch Büsche und Felsen ersparen.
Zurück auf dem Weg erwartet uns auch sogleich das nächste Highlight: Eine Hirtenhütte. Dort gibt es selbstgemachten Käse und frisches Brot zu kaufen. Happy Cheese ist glücklich 😊
“Sau lecker!” sage ich da nur. Di bestaunen die Wasserfälle, die es am Ortsausgang zu sehen gibt. In Vusanje findet sich auch ein kleiner Kiosk mit ein paar Lebensmitteln und sogar ein Restaurant. Wir sind jedoch noch sehr gut mit Essen eingedeckt und verlassen das Dorf daher, um außerhalb im Schatten Rast zu machen. Nach der Pause fällt uns beiden das Wandern dann sehr schwer, denn es ist super heiß und der Weg führt den Berg hinauf.
An der Gabelung zum Aufstieg für den Jezerca biegen wir ab, da wir diesen Umweg in Kauf nehmen wollen. Doch dafür müssen wir steil bergauf, was bei der Hitze echt anstrengend ist. An einer Hirtenalm verweilen wir etwas und reden mit den beiden Wirten, da die Frau sehr gut Englisch spricht. Bevor wir den letzten Anstieg angehen kaufen wir noch etwas Brot und Käse und erklimmen damit den steilen Anstieg durch den Wald.
Und siehe da, es hat sich wirklich gelohnt, denn nach verlassen des Waldes erstrecken sich wunderschöne Seen vor uns. An einem davon bauen wir unser Zelt auf und nach einer kleinen Abkühlung im See gibt es Abendessen. Dieses Mal mit frischem Schnittlauch, den es am Seeufer zu pflücken gibt.
Tag 3
Bereits um 7 Uhr verabschieden wir uns erstmal von unserem Schnittlauchsee und verpassen wenig später auch direkt den Abzweig zu unserem nächsten Ziel Theth.
Auf dem GPS wird uns nämlich leider ein ganz anderer weg angezeigt und so kraxeln wir erstmal eine Stunde im Geröllfeld umher. Als ich dann ziemlich am Ende mit den Nerven bin steigen wir wieder ab, um nochmals nach dem richtigen Abzweig zu suchen. Dabei nehmen wir dieses Mal den schnelleren Weg und rutschen über das Schneefeld den Berg hinunter. Das macht ziemlich Spaß und daher ist das vorherige Herumirren schnell vergessen.
Kurze Zeit später finden wir auch endlich den richtigen Abzweig und beginnen den Abstieg. Bei diesem kriecht uns auch die erste Schlange über den Weg und Matthias ist ganz begeistert.
Vom Weg sind wir beide dagegen leider nicht ganz so begeistert, denn es ist sehr felsig und wir Knicken beide ein paar mal um und ich stürze sogar leicht, wobei dank meinen Stöcken nichts schlimmeres passiert.
Nachmittags wandern wir einen weiteren Pass hinauf und anschließend führt uns der Weg sehr steil den Berg hinab. Dieser Abstieg zieht sich wirklich in die Länge und wir verlieren insgesamt rund 1100 Höhenmeter. Zudem hätten wir uns fast wieder verlaufen, denn der Wegweiser nach Theth zeigt einfach mal in die falsche Richtung.
Auf dem Weg ins Tal zieht dann auch noch ein Gewitter auf und durch den Regen wird der Trail sehr rutschig. Daher steigen wir sehr langsam und vorsichtig bergab und treffen dabei so einige andere Wanderer. Die meisten kommen aus Deutschland, Österreich, Schweiz oder Frankreich und viele sind in Wandergruppen unterwegs. Desto weiter wir ins Tal kommen, desto größer wird auch der Hunger und ich träume wieder mal von leckerer Pizza.
Damit kann Theth zwar nicht dienen, aber dafür mit Brotchips mit Pizzageschmack und einem leckeren Abendessen aus Oliven, Hirtenkäse und Brot. Der selbstgemachte Käse ist wirklich genial und auch noch unschlagbar günstig und ich bin voll am genießen. Mit gut gefüllten Mägen beschließen wir noch etwas weiter aufzusteigen, um an einer kleinen Hütte zu campen. Als wir dort ankommen hat jedoch eine italienische Pfadpfindergruppe fast alle Plätze belegt. Zum Glück finden wir noch ein kleines Plätzchen für unser Zelt, doch die Nacht wird dank unseren Zeltnachbarn leider nicht ganz so erholsam, da diese bis spät in die Nacht noch Lärm machen.
Tag 4
Wir beide sind noch sehr müde als morgens die ersten Sonnenstrahlen ins Zelt fallen und uns aufwecken. Trotzdem entscheiden wir uns zeitnah zusammen zu packen und erst auf dem Trail zu frühstücken. Dadurch können wir im Schatten auf den nächsten Pass hinaufsteigen und dabei atemberaubende Ausblicke genießen. Mittlerweile befinden wir uns in Albanien und auch hier überrascht uns die vielseitige und imposante Landschaft. Unsere erste Pause genießen wir auf dem Bergpass mit einem kleinen Lüftchen und in absoluter Stille. Mir gefällt es wahnsinnig gut, dass hier noch nicht so ein großer Tourismus herrscht wie in unserem Teil der Alpen.
Die ganzen Dörfer und Hütten sind zum Großteil sehr einfach und ursprünglich. Ab und an sieht man jedoch auch Spuren des Krieges und wir finden immer wieder kleine Bunker am Wegesrand. Besonders im Kosovo sollte der Trail daher auch nicht weit verlassen werden, da sehr vereinzelt noch Landminen vergraben sein können.
Nach unserer Pause wandern wir den Berg auf einem sehr steilen Pfad hinab, denn sowas wie Serpentinen gibt es hier nur sehr selten. Meistens führt der Weg sehr steil bergauf oder bergab.
Bereits morgens knallt die Sonne auf den Weg und unter einem kleinen Baum treffen wir einen Kosovaren, der ohne Wasser unterwegs ist. Nicht einmal eine Wasserflasche hat er dabei. Wir geben ihm von unserem Wasser zu trinken und wandern nach einem kurzen Gespräch weiter.
Nach dem steilen Abstieg erstreckt sich eine kleine Wiese mit einem großen Felsen vor uns. Dort sind einige Himbeeren zu finden und wir naschen viele bevor es weiter Richtung Tal geht. Mittags passieren wir eine kleine Hütte, in der wir zum Essen einkehren. Bei Omlette, Kartoffeln, Joghurt, Brot und Honig von den eigenen Bienen lassen wir es uns gut gehen. Ich schaffe es leider nicht Fotos vom Essen zu machen, da es so lecker ist, dass es immer zu schnell aufgegessen ist ;). Das ist auch gut so, denn darauf folgt ein sehr harter Weg durch das heiße und sonnige Flusstal und zum Ende noch an der Straße entlang. Dieses Stück kann man sich jedoch zumindest zum Teil sparen, da ab einem Hotel Taxis bis nach Valbona fahren und das heiße Stück entlang der Autostraße somit vermieden werden kann. Nächstes Mal würde ich auf jeden Fall ein Taxi nehmen, denn in Valbona angekommen bin ich durch das lange Wandern in der Sonne echt erledigt. Am Campingplatz wird geduscht und ordentlich gegessen. Die Preise hier machen uns mal wieder sprachlos, weil das Essen einfach so preiswert ist im Vergleich zu Deutschland. Wie auch zuvor verlassen wir am Abend den Ort und steigen noch zu einer bereits verlassenen Hirtenhütte hinauf, neben der wir unser Zelt aufbauen.
Tag 5
In der Nacht wütet dann ein Gewitter über uns und die hellen Blitze und der laute Donner halten uns einige Zeit wach. Auch als wir aufwachen regnet es noch und daher spielen wir zunächst Karten im Zelt.
Gegen 8:30Uhr wird der Regen dann weniger, weshalb wir zusammenpacken und den Aufstieg beginnen. Kurz vor dem höchsten Punkt rennt plötzlich ein Schäferhund bellend auf uns zu. Vor denen muss man sich echt in Acht nehmen, denn sie sind darauf erzogen ihre Herde vor jedem möglichen Feind zu schützen und greifen auch schon mal Menschen an, wenn diese der Herde zu nahe kommen. Deshalb bleiben wir stehen und warten ab, denn leider gibt es nicht wirklich eine Möglichkeit an Hund und Herde vorbeizukommen, da wir am steilen Berg sind. Der Hund beobachtet und bellt also und wir sitzen auf dem Weg und essen, spielen Karten und warten ab. Mit der Zeit beruhigt er sich ein wenig, doch sobald wir weitergehen wollen wird er sofort wieder laut. Erst als nach 30min einer der Hirten kommt und den Hund zurechtweist können wir weiter bis hoch zum Pass. Nach diesem folgt ein felsiger Abstieg und eine Eishöhle, die ihren Namen absolut verdient hat, denn die Kälte zieht förmlich aus dem Berg hinaus nach oben.
Daher verweilen wir dort auch nicht allzu lang, sondern steigen zu einem Hirtenhaus ab, an dem wir Rast machen. Wir werden sofort bestens mit Essen versorgt und ich esse meinen bisher besten Feta auf dem Trail. Anschließend führt uns der Peaks of the Balkans über schöne Blumenwiesen und Wälder bis nach Ceremi. Dort genießen wir ein sehr reichhaltiges Mittagessen im Gästehaus und steigen Abends wie auch die Tage zuvor nochmal ein Stück hinauf zum Zelten.
Hallo happy 🧀,
hatte gerade heute an Dich gedacht und dass Ihr ja nun schon zurück seid. Danke für den interessanten Bericht. Die Fotos zeigen gut, wie beeindruckend schön diese Landschaft ist. Bin schon auf den 2.Teil gespannt. Viele liebe Grüße sendet Dir Barbara