Tag 1
„Wer denkt Abenteuer seien gefährlich, der sollte es mal mit Routine versuchen: die ist tödlich.” (Paulo Coelho)
Zeit verstreicht, eine Routine schleicht sich ein und jeder Tag scheint dem anderen zu gleichen. Nach etwas über einem halben Jahr ohne größere Wanderungen ist es mal wieder Zeit losziehen. Denn was gibt es schöneres als die Wanderschuhe zu schnüren und in der Natur unterwegs zu sein?
Also nichts wie den Rucksack packen und in ein neues Abenteuer starten.
Und zwar alleine und ohne Social Media. Eine richtige kleine Auszeit.
Die beginnt sehr früh morgens, denn bereits um 12 Uhr startet mein Laudamotion Flieger von Stuttgart aus.
Fünf Stunden später stehe ich in der Sonne Teneriffas. Meinen großen Wanderrucksack auf dem Rücken und ein klein wenig ängstlich. Schließlich ist es seit dem Pacific Crest Trail meine erste Tour alleine und mit Zelt.
Lange Zeit zum Nachdenken bleibt mir jedoch nicht. Stattdessen nehme ich vom Flughafen den Bus zum Campingplatz Nauta, wo ich meine erste Nacht auf der Insel verbringe.
Tag 2
Mit dem Bus zum Hafen fahren? Ach was! Ich laufe die 10km einfach. Das war zumindest der Plan, doch leider entpuppen sich die Fußwege als Seitenstreifen der Autostraße.
Meine Freude, als Los Christianos in Sicht kommt, ist daher umso größer.
„If you‘re going to San Francisco“ schießt mir bei den Straßenschildern sofort in den Kopf. Die sehen denen in San Francisco auch echt ähnlich und so summe ich das Lied vor mich hin, während ich Richtung Hafen schlendere. Ein frisches Crossiant vom Bäcker findet auf dem Weg noch seinen Platz in meinem Rucksack. Bei dem Geruch von frischgebackenem Gebäck konnte ich einfach nicht widerstehen.
30€ ärmer und 50min später erreiche ich den Hafen von San Sebastian auf La Gomera. Delfine haben unsere Fahrt begleitet und ich bin schon richtig in Urlaubsstimmung.
Am liebsten möchte ich sofort los und einfach nur noch wandern. Davor brauche ich allerdings noch Spiritus für meinen neuen Kocher. Bei Your Clover gibt es sowohl Spiritus (bei den Pflastern und Medizinsachen) als auch Stechkartuschen.

„Auf geht’s!“ Einen steilen Hügel hinauf, erst über schmale Gassen und steile Treppen und anschließend über eine große Straße. Diese wird immer kleiner und führt zu einem Wanderweg.
Ich folge der roten Beschilderung und bewundere den wunderschönen Ausblick auf den Teide, den höchsten Gipfel Teneriffas und Spaniens.
Fotos schießen, Aussicht bewundern, Fotos schießen. So ungefähr verläuft der erste Teil des Aufstiegs 😀
Da kommt das Wandern fast ein wenig zu kurz.

Das ändert sich am Nachmittag und ich erklimme Schritt für Schritt den ersten Berg. “Puh, ganz schön anstrengend!”. Ich glaube ich bin ein wenig außer Form, aber das wird sich in den nächsten Tagen ganz bestimmt noch ändern.
Auch die Sonne kennt heute kein Erbarmen und brennt auf mich hinab. Da bin ich doch wieder einmal heilfroh über meinen treuen Wanderhut. Die karge wüstenähnliche Landschaft verwandelt sich nachmittags in einen grünen Dschungel, als ich den Naturpark Majona erreiche.
„Hier bleibe ich“ entscheide ich auch schon wenig später. Ein schönes, flaches Plätzchen mit Blick auf Teneriffa. Was will ich mehr? Die Sonne senkt sich langsam hinab und ich sitze einfach nur da und genieße.
Tag 3
Meine erste Nacht seit dem Pacific Crest Trail alleine im Zelt. Ob ich aufgeregt bin? Aber hallo! In mir kribbelt alles. Und das obwohl es hier nicht mal gefährliche Tiere gibt. Alleine zu Zelten ist halt einfach nicht so meins. Aber irgendwann fallen mir dann doch die Augen zu…
Nachts pfeift der Wind um mein Zelt und schüttelt es ganz schön durch. Ich finde daher nur wenig Schlaf und wache müde und mit einem ordentlichen Muskelkater passend zum Sonnenaufgang auf.

Schnell das Zelt abbauen, Rucksack packen und dem Weg hinunter zum Meer folgen.
Danach laufe ich auf einem schmalen Pfad bis nach Hermigua, wo ich mir Wasser und ein Stück Kuchen kaufe. „Hach, schmeckt das gut!“ Mit neuer Energie beginne ich den Anstieg.
Es ist Mittags und die Sonne prallt wieder einmal auf mich hinab. Ganz langsam kraxel ich die 1000 Höhenmeter hinauf. Die Schweißtropfen laufen meine Stirn hinab und mein Herz pocht laut und schnell.
Zunächst ist der Weg nur von Sträuchern gesäumt und nirgends ist Schatten in Sicht. Als nach zwei Stunden die ersten Bäume am Wegesrand hinaufragen macht mein Herz einen kleinen Freudensprung. Eine lange Pause im Schatten?! Ich bin sofort dabei und mache ein gemütliches Picknick mitten im Wald.

Der verwunschene Wald von Garajonay
Zu den wenigen Bäumen gesellen sich immer mehr hinzu und schließlich finde ich mich in einem verwunschenen Märchenwald wieder.
Heide- und Lorbeerbäume ragen bis zu 20m in die Luft. Flechten verzieren die Bäume und geben mir das Gefühl mitten im Urwald zu sein.
Unter der gewaltigen Kraft des Windes knarzen die Bäume und schaukeln vor sich hin. „Ziemlich urig“ denke ich mir und werde von einem lauten “Bumm” unterbrochen. Ein riesiger Ast kracht nur wenige Meter vor mir auf den Weg und zersplittert in seine Einzelteile.
Das ist der Moment, wo ich die Beine in die Hand nehme. Mein Ziel: Möglichst schnell aus dem Wald raus und zu dem kleinen Ort El Cedro zu kommen. Dort ist der einzige Campingplatz der Insel zu finden. Direkt mitten drin im Nationalpark, in dem Wandernde nicht wild zelten sollten.
Nach der ganzen Hitze und Anstrengung springe ich unter die Dusche. Das eiskalte Wasser perlt an mir ab und verschafft mir sogleich eine Gänsehaut. Obwohl ich mich so auf die Dusche gefreut habe halte ich es doch nur für kurze Zeit aus. Bibbernd kuschel ich mich gleich nach der Abkühlung in meinen Schlafsack.

Tag 4
Vogelgezwitscher und das Pfeifen des Windes wecken mich morgens auf. Ansonsten ist es unglaublich ruhig. Kein Autolärm, keine Menschen, nichts. Ich bin angekommen. Mitten in der Natur, wo die ganzen Alltagssorgen keine Rolle spielen. Für mich ist es der beste Ort, um durchzuatmen und den Kopf frei zu bekommen.

„Adios El Cedro“ und „Hola Camino Natural“. Auf den möchte ich heute nach meinem kleinen Abstecher in den Nationalpark wieder zurück.
Leichter gesagt als getan. Der Wind oder besser gesagt der Sturm erschwert das Vorankommen und ich muss richtig gegen in ankämpfen. Ehe ich mich Versehe braust plötzlich eine große Staubwolke auf mich zu. Ich drücke mich blitzschnell an die Bergwand zu meiner Linken und drehe das Gesicht weg. Tausende kleine Steine und Stöcke prasseln mit großer Wucht auf meinen Körper ein. „Das war knapp“.
Heute bereue ich es sehr keine Wanderstöcke mitgenommen zu haben, denn diese wären bei dem Wind sehr hilfreich gewesen. Aber leider sind meine bei meiner letzten Wandertour zu Bruch gegangen und das Geld ist in die Urlaubskasse statt in neue Stöcke geflossen.
Der schwarze Sand von Vallehermoso
Stunden und Kilometer später erklimme ich einen Gipfel und da ist er: Der Atlantische Ozean. Laut, brausend und strahlend blau erstreckt er sich vor mir.
Nun kann mich nichts mehr halten und in Blitzgeschwindigkeit steige ich zum Strand hinab und spüre auch schon kurze Zeit später den warmen Sand unter meinen Füßen. Schwarz ist der hier und unfassbar weich. Meine Füße tragen mich hin zum Wasser.
Es ist Zeit für eine kleine Abkühlung nach all der Anstrengung heute morgen.

Doch nun zu wichtigeren Themen: Der atemberaubenden Landschaft. Erst waldig, grün und fruchtbar führt mich der Weg fort vom Strand hin zu einer kargeren Landschaft, mit steilen und sandbedeckten Hängen. Die sind leider überhaupt nicht geeignet fürs Zelten.
Deshalb entscheide ich mich kurzerhand fürs Cowboy Camping unter Palmen. Ob das wohl eine so gute Idee war?
Liebe Caro,
was für ein schöner Bericht! Liest sich total toll!
Eine Frage: warum hast Du einen neuen Kocher? Warst Du mit dem MSR Rocket Pocket nicht mehr zufrieden?
Ich freue mich schon auf den nächsten Bericht!
Liebe Barbara, vielen Dank für deine Nachricht. Mit dem Pocket Rocket bin ich immer noch sehr zufrieden, allerdings ist es manchmal etwas schwer Schraubkartuschen zu finden. Spiritus habe ich dagegen in jedem Dorf problemlos bekommen. Deswegen finde ist dieser Kocher für solche Touren einfach besser geeignet.
Lieber Caro, in den nächsten Tagen werde ich sehr spontan, so wie du den G132 auf la gomera gehen. Da ich mit handgepäck fliege, habe ich die befürchtung, dass mir die zeltstangen und hering bei der security abgenommen werden. Meine frage: glaubst du ich komme mit guter isomatte, und daunenschlafsack und evtl. Biwaksack auch zurecht? Falls regen angesagt wird, könnt ich mir ja immer noch eine unterkunft suchen. Ich habe auch nix zum kochen mit. Was meinst du? Ist das so möglich? Wie einsam ist der weg eigentlich? Trifft man da ab und zu jemanden? Vielen dank für das mitteilen deiner erfahrungen. Liebe grüße martina
Liebe Martina,
erstmal möchte ich dir ganz viel Spaß auf deiner Wanderung auf La Gomera wünschen 😊 Ich könnte mir schon vorstellen, dass du damit sehr gut zurecht kommst. Vor allem wenn du dir die Option offen hältst bei schlechtem Wetter spontan Unterkünfte zu suchen. Der Weg ist recht einsam, also andere Wandernde habe ich damals nur wenige getroffen. Dafür kommen immer wieder Dörfer oder kleine Häuser, wo ich immer auf Leute getroffen habe. Mir hat der Weg damals ziemlich gut gefallen 😊
LG Caro
Hey Caroline,
ging das mit dem Wasser gut? Kommt man jeden Tag irgendwo vorbei, um was kaufen zu können? In der Natur findet man ja kein Wasser wie ich gelesen habe. Wie viel Liter hast Du so im Schnitt mitgenommen, wenn Du dann übernachtet hast?
LG
Benny
Hallo Benny,
ja das hat sehr gut geklappt und ich bin jeden Tag in einem Dorf vorbeigekommen, wo ich Wasser auffüllen oder kaufen konnte. In der Natur war tatsächlich überhaupt kein Trinkwasser zu finden. Je nachdem wie lange die Etappe war und wie weit die nächste Stadt entfernt war habe ich 3-4 Liter mitgenommen. Ich plane meist ca. ein Liter fürs Essen kochen (Frühstück und Abendessen) ein und den Rest zum trinken. Und ich nehme immer etwas mehr mir als ich eigentlich brauchen sollte zur Sicherheit 😉
Hoffe das konnte dir bissl helfen und wünsche dir eine tolle Zeit auf La Gomera
LG Caro
Liebe Caro,
ganz lieben Dank für Deine zeitnahe Antwort, das hilft auf jeden Fall weiter. Und Dir eine gute und erholsame Weihnachtszeit!
Viele Grüße
Benny
Danke dir, wünsche ich dir auch 😊 Und schonmal einen guten Rutsch in das neue Jahr.
Hallo Caro, danke für den tollen Bericht! Spiele mit dem Gedanken, übernächste Woche ziemlich spontan alleine nach Gomera zu fliegen und bei der Inselumrundung auch zu zelten. Kurze Frage zum Gepäck: Handgepäck mit Zeltstangen geht nicht, oder? Deinen Rucksack hast du aufgegeben? Liebe Grüße, Juliane
Hallo Juliane, oh das ist ja toll, wünsche dir schonmal ganz viel Spaß dabei 😊 Ich hatte bisher noch nie meine Zeltstangen im Handgepäck dabei, sondern habe mein Rucksack immer aufgegeben. Daher kann ich dir leider nicht sagen ob das geht, vermute aber eher nicht.
Ganz liebe Grüße
Caro
Hey Caro,
ich werde demnächst eine Tour durch LaGomera, ebenfalls mit Zelt, machen und würde eigentlich gern größtenteil den GR132 gehen. Allerdings traue ich mir enge Wege, wo es sehr steil nach unten geht nicht wirklich alleine zu. Hast du vielleicht Tipps für mich, welche Stellen ich dann lieber umgehen sollte?
Hallo Sara,
leider ist meine Wanderung mittlerweile schon einige Jahre her. Die meisten Teile des Weges habe ich persönlich aber nicht als besonders steil empfunden. Nur sehr wenige Stellen ging es glaube ich direkt an der Steilküste entlang. Aber wo genau die sind kann ich dir leider nicht mehr sagen. Ich wünsche dir trotzdem eine richtig schöne Zeit auf La Gomera 😊
LG Caroline