Tag 3: Affensteinboofe – Rauschengrundboofe
23,6km – 1020m bergauf, 950m bergab
Es ist 5 Uhr, ein ohrenbetäubendes Vogelgezwitscher reißt mich aus dem Schlaf. Ich liege mitten im Wald, lausche und staune. Ein tiefes Glücksgefühl durchströmt mich. So könnte jeder Tag starten.
Matthias öffnet wenig später die Augen und so beginnt unserer gemeinsamer Wandertag.
Der erste Stopp ist der Kuhstall. Doch halt stopp, dass ist kein richtiger Stall mit Kühen, falls Dir das gerade in den Kopf schießt.
Der Kuhstall ist ein 11 Meter hohes und 17 Meter breites Felsentor. Aber wieso heißt das denn bitte Kuhstall? Das habe ich mich auch gefragt und der Name kommt vermutlich aus dem dreißigjährigen Krieg. Da haben sich die Bewohner hier mit ihren Tieren versteckt.
Wir durchschreiten das Tor und bekommen einen tollen Weitblick präsentiert. Aber es soll noch besser werden. Die schmale Himmelsleiter führt uns empor zu einem menschenleeren Aussichtsplateau.
Hier können wir sehr gut, die Auswirkungen des Borkenkäfers betrachten. Mehr über den Borkenkäfer erfährst Du auf der Seite vom Nationalpark Sächsische Schweiz.
Von dem Kuhstall aus schlängelt sich der Pfad hinab ins Tal. Wir streifen die Neumann Mühle, mit ihrem kleinen technischen Museum und überqueren einen plätschernden Bach.
Zurück im Wald macht sich langsam der Hunger bemerkbar. Beim Wandern habe ich immer gefühlt doppelt so viel Appetit 🙂 Dagegen hilft nur essen, essen und noch mehr essen. Ein wahrliches Festmahl gibt es für uns im Zeughaus, mit leckerem Kürbissüppchen und frisch gebackenem Pflaumenkuchen. Daumen hoch und klare Empfehlung.
„Hoch hinauf“ heißt es nach unserer Pause. Wir freuen uns bereits auf die 360 Grad Aussicht vom zweithöchsten Berg in der Sächsischen Schweiz – dem großen Winterberg.
Aber als wir am Turm ankommen heißt es „Coronabedingt geschlossen“. Einen kurzen Augenblick bin ich echt traurig. Auf diesen Ausblick hatte ich mich den ganzen Tag lang gefreut.
Doch was bringt Trübsal blasen? Gar nichts! Ist allerdings leichter gesagt als getan und erst die Ankunft in Schmilka, eine Pause und ein leckeres Eis können mich wieder aufmuntern. Zudem lassen die Aussicht auf eine weitere Nacht draußen meine Wanderflöhe wieder springen und tanzen.
Während die vielen Tagestouristen ihren Heimweg antreten und es kühler wird, steigen wir zu unserer Boofe hinauf. Es war ein langer Tag, ich bin müde und mein Körper hat gerade einfach nur genug vom Wandern. Freude & Erleichterung machen sich in mir breit als die Felsen vor uns auftauchen. Hier verbirgt sich unsere Freiübernachtungsstelle.
„Schluss für heute“ seufze ich und lasse mich in den weichen Sand fallen. Noch kurz etwas essen und schon kuscheln wir uns in die Schlafsäcke. Noch bevor die Dunkelheit uns voll umhüllt sind meine Augenlieder zugefallen.
Tag 4: Rauschengrundboofe – Königstein
31km – 900m bergauf, 870m bergab
Letzte Nacht noch geschwärmt und diese Nacht…? War eher bescheiden. Immer wieder werde ich von komischen Geräuschen aufgeweckt. „Was ist das bloß??“ grüble ich. Aber in der Dunkelheit komme ich einfach nicht dahinter. Matthias bekommt davon nichts mit. Zumindest bis auf einmal ein lautes, schrilles Fiepen die Stille der Nacht durchdringt. Da schreckt auch er hoch und verscheucht mit einem lauten Ruf das störende Wesen.
Stunden später öffne ich die müden Augen. Auch Matthias erwacht und nach einem kurzen Blick durch unser Nachtlager sagt er „Ah hast Du nachts die Banane gegessen?“
Doch sobald ich die Banane sehe lache ich laut los. „Na klar, ich knabbere die immer samt Schale leer“. Ich tippe ja auf eine Nagerparty, die in der Nacht ihr Festmahl ordentlich genossen hat. Das waren sicherlich auch die Geräusche, die mir den Schlaf geraubt haben.
Tipp an dieser Stelle: Alles Essen tiersicher in Packsäcken und Rucksack verstauen. Ich war gestern Abend viel zu müde, um darauf zu achten.
Aber nun ab, ab in den sonnendurchfluteten Wald bis nach Schmilka. Die kleine Fähre schaukelt am Anleger und schwuppdiwupp sitze ich drin und lasse mich auf die andere Seite der Elbe bringen. Noch einmal Matthias winken, der sich auf sein Radl schwingt und schon verschwinde ich aus seinem Blickfeld.
Auch die Elbe lasse ich hinter mir und versinke in einer ganz neue Landschaft: riesige Weizenfelder, kleine Dörfer und Schafsherden erstrecken sich vor mir. Den Nationalpark Sächsische Schweiz habe ich zwar hinter mir gelassen aber das soll der Vielseitigkeit und Schönheit des Malerwegs kein Ende bereiten.
Ich kraxle auf Papst- und Gohrischstein, von denen ich die Sächsische Schweiz bestaunen kann. „Solch einen Blick ganz für mich allein genießen, wäre was feines“ murmle ich. Hier oben tummeln sich nämlich Touristenscharren und ich mag gar nicht lange bleiben, so voll ist es.
Doch schon am späten Nachmittag wird mein Wunsch erfüllt. Der Pfaffenstein ist fast menschenleer. Statt Autolärm oder Gerede höre ich die Insekten summen und die Vögel singen. Ich streife durch enge Felswände und erforsche die Gänge und Höhlen des spektakulären Felsmassivs.
Der 430m hohe Tafelberg ist fast eine kleine Zusammenfassung all der Highlights des Malerwegs: Hohe Felsen, Fantastische Ausblicke und schöne Wälder. Es ist ein richtiger kleiner Dschungel und überall blüht und grünt es, um die Felsen herum.
Was Dich hier oben noch erwartet:
- Ausblick auf die Babarine
- Goldschmidthöhle
- Museum für Mineralogie und Geologie
Nach so vielem Staunen und bereits 25km erwartet mich noch der Abstieg bis nach Königsdorf. „Puh, um ehrlich zu sein bin ich schon echt platt“. Doch den muss ich nicht alleine meistern. Matthias hat genug geradelt und wir treffen uns an den Pfaffensteinen. So darf ich meinen großen schweren Rucksack, gegen einen kleinen austauschen.
Zu zweit vergehen die letzten Kilometer wie im Flug. Wir lachen, singen, kriechen durch Höhlen und schwärmen beide von dieser tollen Gegend. Hier später einmal hinziehen? Können wir uns sehr gut vorstellen und träumen schon von einem kleinen Holzhäuschen mit großem Garten.
Aber nun Schluss mit den Tagträumerein. Es wird Zeit. Zeit für was? Zeit für eine heiße Dusche, einem gemütlichem Bett und leckerem Essen. Die zwei Nächte draußen haben ihre Spuren hinterlassen und so machen wir uns, in Königstein angekommen, auf schnellstem Weg auf zu unserer Pension. Direkt an der Elbe gelegen erwartet uns die Pension Bomätscher mit einem köstlichen Abendessen. Das genießen wir beide direkt auf unserem Balkon, mit Blick auf die Elbe. Natürlich erst nachdem wir den ganzen Dreck der letzten Tage abgewaschen haben.
Was fehlt noch zum Abschluss dieses Tages? „Ein großer Eisbecher“ schlägt Matthias gleich vor. Gesagt getan verputzen wir gemeinsam ein großes Eis und tauchen ein in die laue Sommernacht an der Elbe.
Tag 5: Königstein – Pirna
18km – 370m bergauf, 380m bergab
Mit schwerem Herzen sitze ich am gut gefüllten Frühstücksbuffet. Es ist schon mein letzter Tag auf dem Malerweg und eigentlich möchte ich noch gar nicht fort. Ein letzter anstrengender Wandertag steht bevor und dafür schlagen wir uns den Bauch voll.
Danach hat mein kleines Foodbaby so richtig Lust auf Faulenzen. Zum Wandern kann ich es erst um 9 Uhr überzeugen. Von Königsstein aus steige ich zu der über 400 Jahre alten Festung hinauf. Mit der Daueraustellung „IN LAPIDE REGIS – 800 Jahre Leben auf dem Königstein“ und wechselnden Sonderausstellungen ist bei genügend Zeit immer etwas zu besichtigen.
Schon ist es passiert, ich habe mich mal wieder verlaufen. „Na toll und was jetzt?“ denke ich. Die ganzen Kilometer zurücklaufen ist keine Option. So suche ich mir eine neue Route und überspringe leider einen kleinen Schlenker vom Malerweg.
Das fuchst mich ein wenig. Wieso? Na weil ich gar nicht genug von der Sächsischen Schweiz bekommen kann und möglichst viel davon sehen und erkunden möchte. Aber andererseits wollen wir heute auch wieder nach Hause fahren und da ist es nicht verkehrt, wenn ich Pirna schon früher erreiche.
Ach ja und die letzten Tage stecken mir in den Knochen und ich bin ganz schön geschafft vom ganzen Wandern. Beim nächsten Mal würde ich mir definitiv sechs oder sogar mehr Tage Zeit lassen.
Am kleinen Bärenstein treffe ich zurück auf den Malerweg. Auf dem Weg hinauf zu meinem letzten Felsen bildet sich ein kleiner Kloß in meinem Hals. Es waren nur fünf Tage Sächsische Schweiz aber ich habe mich Hals über Kopf verliebt.
Deswegen ist mein Herz so überhaupt nicht damit einverstanden, dass es langsam Abschied nehmen heißt. Abschied von der letzten fantastischen Aussicht, dem letzten Stück im dichten Wald, der dahinfließenden Elbe.
Passend dazu fängt auch der Himmel an zu weinen und verleiht meinen Gefühlen noch mehr Ausdruck.
In strömendem Regen passiere ich die letzten Kilometer bis nach Pirna auf einem breiten Fahrradweg, direkt an der Elbe. Mein Zieleinlauf endet erstaunlicherweise unter strahlend blauem Himmel, nachdem die Regenfront über mich hinweggezogen ist.
Mit einem Eis durch die schmalen Gassen von Pirna schlendernd mache ich mich auf die Suche nach Matthias. Der wartet bereits auf mich und so steige ich schweren Herzens ins Auto und lasse dieses bezaubernde Fleckchen von Deutschland hinter mir. Doch ich hoffe es wird kein Abschied für lange Zeit sein.
Warst Du schonmal in der Sächsischen Schweiz wandern? Oder hast Du nun Lust bekommen auch einmal durch das wunderschöne Elbsandsteingebirge zu wandern?
Ich freue mich auf Deinen Kommentar 🙂